top of page

Regionalität bedeutet Verbindung

Jacob Fels

Jacob Fels, Gründer Tiny Farms

Seit der Gründung von Tiny Farms vor fünf Jahren beschäftigen wir uns intensiv mit den Themen Bio und Regionalität. Warum Bio wichtig ist, liegt auf der Hand: Täglich setzen wir uns mit der Pflege ökologischer Grundlagen und dem Erhalt unserer natürlichen Ressourcen auseinander. Daher sind wir bio-zertifiziert und sehen das als unsere Basis. Doch warum eigentlich regional? Ist es nicht egal, woher unser Salat kommt, solange er ökologisch angebaut wurde? Macht es einen Unterschied, ob spanische Bauern nach Bio-Richtlinien produzieren oder Brandenburger?


Wenn über Regionalität gesprochen wird, hört man oft Argumente wie: „Kurze Transportwege“ oder „keine Transport-Emissionen“. Das klingt gut und freut uns als regionale Erzeuger, aber ehrlich gesagt ist das kein besonders starkes Argument. Ein großer LKW aus Spanien kann sehr viele Tomaten transportieren. Diese Transporte sind in der Regel effizient geplant und voll ausgelastet. Die Transportemissionen pro Kilogramm Produkt sind dadurch nicht besonders hoch – und können sogar geringer ausfallen als bei einem älteren Diesel-Transporter vor Ort.


Taucht man tiefer in das Thema ein, stößt man auf das Argument, dass regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert werden sollen. Das ist richtig und wichtig – es fördert die Infrastruktur in der Region und schafft gute lokale Arbeitsplätze. Aber: Auch spanische Bauern verdienen es, für ihre Arbeit fair entlohnt zu werden.


Ein weiteres Argument für regionale Lebensmittelproduktion ist Resilienz. Wenn wir unser Getreide hier anbauen, es in der Region mahlen und zu Brot verarbeiten, sind wir unabhängiger von globalen Krisen – wie etwa dem Ukraine-Krieg, der den Weizenmarkt stark beeinflusst hat. Es steckt viel Wahres darin. Doch sollten wir Regionalität nur fördern, nur weil wir Angst vor globalen Zusammenbrüchen haben?


Für mich liegt der entscheidende Aspekt der Regionalität in den Verbindungen, die wir zu unseren Lebensmitteln und ihrer Entstehung aufbauen können. 


Diese Beziehung macht unser Gemüse zu einem lebendigen, mehrdimensionalen Produkt. Wenn wir wissen, woher unsere Lebensmittel kommen, wer sie angebaut hat und wie viel Arbeit dahintersteckt, entsteht ein tieferer Wert. Es macht aus einem gleichförmigen Industrieprodukt ein Lebensmittel, hinter dem konkrete Menschen stehen. Und auf einer gesellschaftlichen Ebene gibt es uns die Möglichkeit, das Lebensmittelsystem zu transformieren. Wenn wir die Herausforderungen, Bedürfnisse und Nöte der Erzeuger, Transporteure, Verarbeiter, Händler und Konsumentinnen kennen, können wir gemeinsam Ideen entwickeln, wie wir das Lebensmittelsystem besser machen können. Und wenn wir stabile Verbindungen zueinander haben, entsteht das Vertrauen, diese Ideen gemeinsam umzusetzen.


Interessanterweise kann sich vor diesem Hintergrund der Begriff „regional“ von der reinen Dimension der Entfernung lösen. Auch griechisches Olivenöl kann „regional“ sein – wenn wir während eines Urlaubs selbst beim Olivenernten geholfen haben, die Netze unter die Bäume gelegt und mit eigenen Augen die Herausforderungen eines schlechten Erntejahres gesehen haben. Diese Erlebnisse schaffen Verbindungen – und dadurch Wertschätzung.


Einen ganz simplen Vorteil von Regionalität gibt es aber noch: Frische.


Unsere Kundinnen und Kunden fragen uns oft auf dem Markt: „Was macht ihr mit euren Salaten? Die halten einfach vier Tage länger als alle anderen!“ Unsere Antwort ist klar und einfach: Der Salat ist vier Tage schneller bei dir, weil er morgens in Brandenburg geerntet und nachmittags in Berlin verkauft wird. Das geht nur regional.

Comments


bottom of page