Heute stellen wir euch Jonah, einen unserer Gärtner:innen bei Tiny Farms, vor. Auf unserer Farm in Ochsenwerder, Hamburg, setzt er mit Leidenschaft und Expertise fürs Market Gardening unsere Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft in die Praxis um. Außerdem begleitet Gabriel die Praxiswochenenden der Tiny Farms Academy und vermittelt den Teilnehmenden die Grundlagen des biointensiven Gemüsebaus.
1. Jonah, was hat dich dazu bewegt, Teil der Tiny Farms Academy in Hamburg zu werden? Wie bist du in die Landwirtschaft gestartet?
Ich bin Teil der Tiny Farms Academy geworden, weil ich leidenschaftlicher Gemüsegärtner bin und den Wunsch habe, diese Begeisterung sowie mein Wissen zu teilen. Nachdem ich Umweltwissenschaften studiert habe, war ich bei einer Solidarischen Landwirtschaft angestellt. Die gärtnerische Arbeit hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich danach noch die Ausbildung zum Gemüsegärtner gemacht habe. Nach einiger Zeit als Geselle in einem Gemüsebaubetrieb wollte ich gerne den Aspekt Bildung in meinen Beruf integrieren und habe Programme für die Hamburger Klimaschutzstiftung geplant und durchgeführt. Hierbei hat mir allerdings die praktische Arbeit auf dem Acker gefehlt. Bei Tiny Farms kann ich jetzt beides tun: Gemüse produzieren und gleichzeitig Menschen in gärtnerischen Themen bilden.
Toll finde ich an der Academy, dass sich die Teilnehmenden parallel zum eigenen Beruf umfangreiches Wissen und praktische Fähigkeiten aneignen können. Dies befähigt sie, aktiv zur Agrarwende beizutragen und Teil einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Zukunft zu werden.
2. Hamburg ist eine urbane Metropole mit viel Potenzial für innovative Landwirtschaft. Wie passt Tiny Farms in diese Umgebung?
Urbane Metropolen haben einen hohen Bedarf an Ressourcen, insbesondere Nahrungsmittel. Oft werden diese von weit her in die Stadt transportiert. Dabei entstehen Emissionen und ein Teil der Produkte verdirbt, bevor sie auf dem Teller landen können. Um Böden nachhaltig zu bewirtschaften, also gute Erträge zu erzielen und sie gleichzeitig gesund und fruchtbar zu halten, braucht es mehr kleinteilige ökologische Landwirtschaft.
Tiny Farms und Konzepte der kleinstrukturierten Landwirtschaft sehe ich als eine wichtige Säule von zukunftsfähiger Landwirtschaft. Meine Vision ist eine Mischung aus:
zahlreichen kleinen Gemüsegärtnereien, die ihre Erzeugnisse lokal vermarkten. Hier kann auch das Potenzial von Freiflächen innerhalb der Stadt genutzt werden, es reichen ja schon ein paar Tausend Quadratmeter.
größeren, mechanisierten Betrieben, die Kulturen anbauen, die sich nicht für den kleinstrukturierten Anbau eignen (wie Getreide und Kartoffeln).
Hydrokultur, Vertical Farming, Nutzung von Flachdächern.
Dafür braucht es aber wieder mehr Menschen, die sich mit dem Anbau von Pflanzen auskennen und diesen Beruf wertschätzen. Bei der Ausbildung und Vernetzung von solchen Menschen kann Tiny Farms einen großen Beitrag leisten.
3. Auch in Hamburg bieten unsere Praxiswochenende eine intensive Mischung aus Theorie und Praxis. Was ist dir bei der Vermittlung von Wissen besonders wichtig?
Mir ist wichtig, ein umfassendes Verständnis für die Prozesse im Boden, beim Anbau von Pflanzen und den Abläufen auf einer Farm zu schaffen. Die Teilnehmenden sollen nicht nur einzelne Aspekte verstehen, sondern diese sinnvoll miteinander verknüpfen können. Ich möchte, dass sich die Menschen nach der Academy dazu befähigt fühlen, ihre eigenen Projekte mit dem Gelernten voranzutreiben und dass sie eine gute Grundlage haben, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Zudem ist mir wichtig zu zeigen, wie vielseitig dieser Beruf ist. Ökosysteme, der lebendige Boden und Pflanzen sind faszinierend und ich weiß, wie bereichernd es ist, sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Man lernt nie aus. Ein wichtiger Punkt für mich ist, die Teilnehmenden zu empowern, dies auch über die Academy hinaus weiter zu tun.
Um den körperlichen Aspekt des Gärtnerns zu berücksichtigen, wird an den Wochenenden Wert auf praktische Schulungen im Umgang mit arbeitserleichternden Geräten und die Vermittlung effizienter und ergonomischer Arbeitstechniken gelegt. Dies ist wichtig, um die Aufgaben auf einer Farm langfristig mit Freude erledigen zu können.
"Es geht nur mit der Natur, nicht gegen die Natur."
4. Was begeistert dich am Market Gardening – und warum glaubst du, dass es zukunftsfähig ist?
Mich begeistert der niedrigschwellige Einstieg in den Gemüsebau. Für einen Market Garden benötigt es nur kleine Flächen, eine begrenzte Menge an Geräten und Infrastruktur und somit Startkapital. Es ermöglicht die Fruchtbarkeit von Böden zu erhalten und zu verbessern, bei gleichzeitig höheren Erträgen pro m² als beim herkömmlichen Anbau. Man kann schon auf kleinen Flächen, die oft ungenutzt da liegen, ressourcenschonend Lebensmittel produzieren und verliert nicht die Übersicht. Marktgärtnereien fördern zudem die Biodiversität, durch unterschiedliche Strukturen und Pflanzenvielfalt. Es geht nur mit der Natur, nicht gegen die Natur.
5. Zum Schluss: Welches Gemüse oder welche Pflanze sorgt für das besondere „Hamburg-Gefühl“ bei Tiny Farms?
Bekannt ist die Vierländer Platte (Tomatensorte), die Stadt Hamburg ist aber auch so bunt wie Mangold. Das Windröschen beschreibt wohl das Wetter am besten.
Fotos: Carla Ulrich
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